Timo Schweitzer - über sein "Unterrichtsfach Homologie" und wie er damit queere Jugendliche unterstützt

Shownotes

In der 14. Folge von „Bayern.Gemeinsam.Stark.“ begrüßt Lena Prieger den inspirierenden Kabarettisten und Theaterpädagogen Timo Schweitzer. Schweitzer, der mit seinem Programm "Homologie" als Aushilfslehrer "Malte Anders" durch Schulen in ganz Deutschland tourt, setzt sich dafür ein, Vielfalt und Miteinander zu fördern und Vorurteile abzubauen.

Highlights der Episode:

• Timo Schweitzer spricht über seinen persönlichen Werdegang und wie seine Erfahrungen als schwuler Mann in einer hessischen Kleinstadt seine Arbeit geprägt haben.

• Einblick in Schweitzers Programm "Homologie", das sich mit Homosexualität und respektvollem Umgang mit Vielfalt beschäftigt. Seit 2022 wird dieses Programm vom Bayerischen Sozialministerium gefördert.

• Die Bedeutung von Vorbildern und wie sie queere Jugendliche unterstützen können, besonders in einem schulischen Umfeld, das oft von Diskriminierung geprägt ist.

• Schweitzer teilt persönliche Geschichten über sein Coming-out und die Herausforderungen, die ihm begegnet sind.

• Diskussion über die aktuelle gesellschaftliche Lage und die Notwendigkeit, sich mit Themen wie Toleranz und Diversity auseinanderzusetzen, sowohl in Schulen als auch in Betrieben.

Hören Sie rein und lassen Sie sich von Timo Schweitzers Engagement und seiner authentischen Art ermutigen, aktiv für Respekt und Vielfalt einzutreten.

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Transkript anzeigen

00:00:00: Unbekannt Wenn ich Schwule hasse, wenn ich Lesben hasse, wenn ich Ausländer hasse, wenn ich Menschen anderer Religion und Hautfarbe. Wo kommt das her? Und das müssen wir uns mal wieder hinterfragen. Alle ganz nüchtern. Wen hassen wir eigentlich und warum?

00:00:16: Unbekannt Bayern gemeinsam stark. Der Podcast mit Menschen, die uns inspirieren.

00:00:35: Unbekannt

00:00:56: Unbekannt Herzlich willkommen zu Bayern. Gemeinsam. Stark. Mein Name ist Lena Prieger und in unserem Podcast treffen wir Menschen, die Bayern ausmachen. Menschen, die Bayern bewegen und die inspirieren. Heute zu Gast ist der Kabarettist und Theaterpädagoge Timo Schweitzer. Herzlich willkommen! Ich freu mich sehr. Ich stell dich kurz vor, Timo. Timo Schweitzer wurde 1983 im hessischen Herborn geboren. Nach der mittleren Reife hat er erst eine Ausbildung zum Mediengestalter gemacht, dann das Fachabitur im Sozialwesen und schließlich Sozialpädagogik studiert.

00:01:28: Unbekannt Er arbeitet seit vielen Jahren als Theaterpädagoge mit Kindern und Jugendlichen und hat zum Beispiel auch Projekte mit Strafgefangenen, mit Geflüchteten, Senioren und Demenzerkrankten gemacht. Vielfalt und Miteinander, das sind seine Themen. Seit 2016 tourt er außerdem mit seinem Programm Homologie durch Schulen in ganz Deutschland. Hierin erklärt er leicht, ehrlich, unterhaltsam und mit sehr viel Humor, warum Anderssein total normal ist und wo Vorurteile herkommen.

00:01:58: Unbekannt In Bayern wird das Programm seit 2022 vom Sozialministerium gefördert. Timo Schweitzer saß 2023 außerdem mit am Runden Tisch zum Auftakt für den Bayerischen Aktionsplan Queer als Teil der Agenda für Vielfalt und gegen Ausgrenzung. Neben seinen Theaterprojekten und Kabarettprogramm lehrt Timo Schweitzer an der Fachhochschule Frankfurt. Dort lebt er auch, und zwar gemeinsam mit seinem Mann und ihrem gemeinsamen Pflegekind.

00:02:22: Unbekannt Alles korrekt! Wunderbar. Herzlich willkommen zu Beginn unseres Podcast, zu Beginn jeder Folge stellen wir ein paar Fragen. Unser Podcast heißt ja Bayern.Gemeinsam.Stark und du lebst zwar in Frankfurt, trotzdem die Frage Was bedeutet Bayern für dich? Bayern ist für mich in jedem Fall größer als ich dachte. Ich habe in den letzten Jahren ja die Möglichkeit gekriegt, Bayern sehr intensiv kennenzulernen.

00:02:45: Unbekannt Und die Dimensionen von Bayern sind mir ganz neu bewusst geworden. Wo erlebst du Gemeinschaft besonders stark und welchen Wert hat Gemeinschaft für dich? Gemeinschaft erlebe ich mit meinen engsten Freunden, die für mich Familie geworden sind. Mein Familienbegriff hat sich durch meine tollen Freunde einfach wahnsinnig erweitert. Was ist deine Stärke? Was können Menschen vielleicht von dir lernen? Ich glaube, meine Stärke ist in den düstersten Momenten doch noch irgendwie einen positiven, optimistischen Zugang zu Dingen zu finden.

00:03:19: Unbekannt Kann ich bestätigen. Ich habe dich heute sehen dürfen. Du hast heute zweimal dein Programm Homologie an einem Münchner Gymnasium gespielt. Da sprechen wir gleich noch ganz ausführlich drüber. Dieses Programm richtet sich an Jugendliche ab der achten Klasse. Die sind so 14, 15 Jahre alt. Wie sehr hätte sich der 14-jährige Timo ein solches Programm gewünscht? Wie sehr hätte dir das geholfen damals?

00:03:41: Unbekannt Mir hätte das unfassbar geholfen und ich glaube, das war die Grundmotivation für das, was ich jetzt mache, dass ich gesagt habe: Warum hat nie jemand an meiner Schule über so ein Thema gesprochen? Warum hat man mich so alleine gelassen mit diesem Thema? Und das war die Grundmotivation für mein Programm. Du bist ganz, ganz ehrlich in dem Programm. Du erzählst auch viel Persönliches, zum Beispiel, dass du schon im Grundschulalter gemerkt hast, dass du Jungs gut findest.

00:04:07: Unbekannt Ja. Wie war das damals für dich? Na ja, man überprüft sich ja ab dem Moment, wo andere sich auch verlieben oder sagen "Mit wem willst du gehen? Mit wem willst du zusammen sein?". Und irgendwie konnte ich dann nie wirklich ehrlich sein, weil eigentlich diejenigen, in die ich mich da verliebt habe, das hätte ich nie jemandem sagen können. Auf dem kleinen Dorf, aus dem ich komme,

00:04:27: Unbekannt das war in dem Bewusstsein überhaupt nicht drin, dass das möglich ist. Insgeheim wusste ich das natürlich, aber ich musste da immer Geschichten erfinden und habe mich dann natürlich auch immer zwangsweise in irgendwelche Mädels verliebt oder anderen zumindest gesagt, dass ich in sie verliebt bin. Aber richtig ehrlich war es nicht. Und das hast du wirklich schon in der Grundschule gemerkt?

00:04:44: Unbekannt Ja, ich wusste genau von der Gruppe, die da zu meinem Geburtstag kam: Mit wem würde ich gerne gehen? Du hast es gerade schon gesagt: Herborn ist eine hessische Kleinstadt, so ungefähr 20.000 Einwohner. Ich weiß jetzt nicht, ob du mitten in Herborn gelebt hast? Nein, ich bin in einem Kaff, was noch viel kaffiger ist als Herborn, groß geworden. Das hat nur 2000, mittlerweile sind es glaub ich nur noch 1000, weil so viele weggegangen sind.

00:05:07: Unbekannt Genau. Und da ist es undenkbar gewesen, gerade in den 90er Jahren, sich da irgendwie zu outen oder über so ein Thema zu sprechen. Bis heute bin ich übrigens in meiner alten Schule nicht aufgetreten und die Schule sagt: Das können wir den christlichen Eltern hier nicht antun. Über die christlichen Eltern sprechen wir später auch noch. Überhaupt über Eltern natürlich.

00:05:26: Unbekannt Das heißt, es hat relativ lang gedauert bzw. du hast sehr lange mit dem Bewusstsein gelebt: Ich stehe auf Jungs, ich bin schwul. Das Coming out war, glaube ich, mit 19 Jahren. Wie waren deine Erfahrungen? Wie war das in deinem Umfeld? Wie war es in deiner Familie vor allem. Ja, mit 19 habe ich das Dorf verlassen und bin in die Großstadt, in diesem Fall Frankfurt am Main, gezogen und habe damals Zivildienst gemacht.

00:05:49: Unbekannt Und im Zivi habe ich meinen ersten Partner kennen gelernt, in den ich mich Hals über Kopf verliebt habe. Und ich war auch sein erster Freund. Und gemeinsam haben wir einfach festgestellt, dass wir schwul sind, dass wir es vermutlich schon immer waren und konnten dann gemeinsam diese ersten Schritte gehen. Und das war für mich natürlich ein absoluter Befreiungsschlag. Damit hat sich alles verändert.

00:06:10: Unbekannt Die komplette Sicht aufs Leben. Ja, ich war damit so ein bisschen das Dorf los und diese eingeschränkte Sichtweise, die mir viele Leute da mitgegeben haben und habe angefangen, mich selbst zu finden, wer ich sexuell eigentlich bin. Was ich insgeheim natürlich wusste, aber nicht, wie lebt man das Ganze jetzt. Weil darüber hat, bis ich 19 war, wirklich niemand mit mir gesprochen.

00:06:30: Unbekannt Das heißt, du hast es dann gelebt, aber deine Familienangehörigen zum Beispiel wussten es damit ja noch nicht. Oder deine Freunde aus dem Dorf, die Menschen, mit denen du groß geworden bist. Das war dann Schritt für Schritt einer nach dem anderen, der es dann erfahren hat. Und wirklich deswegen: Dieses Coming out, wo viele heute sagen "Braucht man gar nicht,das

00:06:47: Unbekannt ist heute irgendwie normal.", das war für mich tatsächlich noch eine richtige Überwindung. Mit 19 dann den Leuten zu sagen, dass ich schwul bin. Und dass ich ja auch einige Leute über die letzten Jahre etwas angeflunkert habe und nicht die Wahrheit gesagt habe, mit wem ich gerne zusammen wäre. Wie war das? Wie waren deine Erfahrungen? Welche Sachen sind dir in Erinnerung geblieben?

00:07:09: Unbekannt Wo war´s positiv vielleicht überraschend, und wo war´s schmerzhaft? Ja, also all meine Freunde und Bekannten haben alle gesagt: So what? Dann bringst jetzt halt deinen Freund mit und nicht deine Freundin. Das war gar kein Problem. Auch ein gutes Zeichen, dass man offenbar die richtigen Menschen um sich hatte. Viele, mit denen ich als Jugendlicher befreundet war, mit denen bin ich auch heute noch gut befreundet.

00:07:28: Unbekannt Die gehören zu meinen besten FreundInnen. Genau, das war eigentlich gar kein Problem. Ich habe in der Zeit auch Zivildienst in einer Kirchengemeinde gemacht, in der ich später auch gearbeitet habe. Und auch da war das nie irgendwie ein großes Thema im negativen Sinne. Eher so, dass die mich tatsächlich gefragt haben, was ich von dem Thema Homosexualität halte. Also da bin ich echt im Vorstellungsgespräch gefragt worden, was ich über Homosexualität denke.

00:07:53: Unbekannt Und mit dem Wissen, was ich jetzt von den Christen aus meinem Dorf so kannte, dachte ich "Scheiße, jetzt muss ich irgendwelche Bibelstellen zitieren, die darauf hinweisen, dass das Sünde ist". Und es hat mich ein bisschen unter Druck gesetzt und ich habe dann versucht, mich trotzdem offen zu halten, weil ich hatte mich in dieser Kirchengemeinde auch als Sozialpädagoge beworben. Und das Ende vom Lied war: Diese Kirchengemeinde wollte eigentlich nur wissen, dass sie einen offenen, toleranten Menschen einstellt, der die christlichen Werte vertritt und keinen, der jetzt irgendwie mit dem alten Gesetzbuch dasteht und sagt: Das ist Sünde und das Fegefeuer droht.

00:08:23: Unbekannt Und diese Kirchengemeinde hat mich über die Jahre begleitet und eine Pfarrerin aus dieser Kirchengemeinde hat mich und meinen Mann auch getraut vor zwei Jahren. Und von daher muss ich sagen, da habe ich auch ein anderes Bild auf das Thema Religion, auf das Thema Kirche bekommen als das, was ich so aus meiner Heimatgemeinde kannte. Und trotzdem war, glaube ich, ein Gespräch ganz, ganz schwierig.

00:08:44: Unbekannt Nämlich das mit deiner Mutter. Und da ging es tatsächlich auch um ihren Glauben. Genau, da ging es auch um das Thema Religion. Es ging um das Thema, dass Schwulsein eben nicht normal ist, dass man da was anderes von mir erwartet. Und das war lange Jahre schwierig. Davon berichtest du ganz ehrlich auch in deinem Programm. Das ist auch ein Moment, wo man gemerkt hat, dass die Kinder leise geworden sind, sehr aufmerksam zugehört haben. Weil man merkt, dass das, wenn man sich da ein bisschen reinversetzt, wie schwierig das gewesen sein muss. Klar, 13, 14, da ist ja auch einfach das Elternhaus

00:09:14: Unbekannt diejenigen, das sind die engsten Menschen, mit denen du jeden Tag verbringst. Und sich so vorzustellen, wie es ist, wenn dir die Liebe der Mutter vielleicht verloren geht aufgrund deiner Sexualität, die du ja gar nicht verändern kannst, die du dir auch nicht selbst ausgesucht hast. Das kann man sich ja eigentlich gar nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat.

00:09:33: Unbekannt Und das betrifft dann die Jugendlichen auch immer. Dass es so leicht ist, jemanden als schwul zu beleidigen oder so, aber man eigentlich gar keine Vorstellung hat, was manche queeren Menschen in ihrem Umfeld, in ihrer engsten Familie teilweise auch heute noch erleben. Da sprechen wir nachher auch noch darüber, wie hoch das Maß an Diskriminierungserfahrungen ist, gerade auch unter queeren Jugendlichen.

00:09:56: Unbekannt Du hast gerade gesagt, du bist verheiratet und der Segen des Pfarrers oder der Pfarrerin in dem Fall, der war dir und deinem Mann ganz, ganz wichtig, Ja. Kannst du noch mal beschreiben, warum? Was das für eine Bedeutung für euch hatte? Ja, also alleine dadurch, dass ich sehr christlich aufgewachsen bin, lange Zeit in der Kirchengemeinde auch gearbeitet habe, beruflich da verankert war und mein Mann Jude ist. Und seine Familie jüdisch ist, diese jüdischen Traditionen auch lebt und ihm das sehr, sehr wichtig ist, war klar:

00:10:23: Unbekannt Wenn wir heiraten, wollen wir auch irgendwie diesen religiösen Teil mit drin haben. Wir müssen nicht in einer Kirche heiraten. Aber ja, den Segen des Herrn oder der Herrin möchten wir gerne auch bei unserer Hochzeit haben. Und dann haben wir eine befreundete Pfarrerin gefunden, die gesagt hat, sie macht eine christlich- jüdische Trauung für uns. Und sie hat das ganz wahnsinnig toll -

00:10:45: Unbekannt so wirklich auf Gott und die Liebe, das war so das Thema dieser Trauung - sie hat da ganz wahnsinnig toll den Bogen geschlagen bekommen. Ja, was Liebe im Leben eigentlich ist, warum es so wichtig ist und warum Gott die Liebe ist. Also interkonfessionell sozusagen. Und das ist ja wirklich auch dein Thema. Und wieder ein Beispiel dafür, wie du Diversität einfach auch lebst und dafür wirbst und daran arbeitest, sie zu verbreiten und den Menschen nahezulegen, wie wertvoll sie ist, wenn wir Vielfalt leben und wie sie unser Miteinander bereichert.

00:11:18: Unbekannt Es gibt noch eine Bereicherung bei Euch, fällt mir gerade ein, ihr seid seit letztem Jahr, glaube ich Pflegeeltern eines Pflegekinders. Wie hat das euren Alltag verändert? Was ist anders seitdem? Ich glaube, alles ist anders. Unser komplettes Denken, unser komplettes Handeln, die Art, wie wir unser Leben leben, ist schon anders. Durch ein Kind - und es ist ganz interessant, als Pflegeeltern hat man ja einen langen Vorlauf, wo man sich intellektuell theoretisch mit dem Thema beschäftigt, ohne eine Schwangerschaft mitzumachen - ist man dann von jetzt auf gleich plötzlich Eltern und darauf kann man sich nicht vorbereiten Und das hat schon einiges verändert.

00:11:55: Unbekannt Aber wir sind echt gesegnet mit einem 16 Monate alten Mädchen und haben eine tolle Zeit zusammen. Und ich glaube, ihr geht es auch bei uns ziemlich gut, habe ich so den Eindruck. Das kann ich mir nur so vorstellen. Wie macht ihr es? Fifty-fifty? Wie teilt ihr euch die Sorgearbeit fürs Kind auf? Ja, also wir sind beide sowohl freiberuflich als auch im künstlerischen Bereich tätig.

00:12:18: Unbekannt Mein Mann arbeitet für das English-Theatre in Frankfurt und er ist jetzt in Elternzeit. Er hat die Möglichkeit. Und ich bin momentan weiterhin so unterwegs. Und dann werden wir es uns einfach aufteilen. Ich werde weiterhin ein paar Shows spielen und mich um das Kind kümmern. Durch die Schulen bin ich natürlich eher vormittags unterwegs, er meistens abends dann im Theater und das lässt sich gut verbinden.

00:12:38: Unbekannt Kommen wir doch mal zu den Schulen bzw. zu dem Programm, das du in Schulen hältst. Das Programm heißt "Homologie" und du sagst selbst, du sorgst vor allem für mehr Ahnung bei zu viel Meinung. Jetzt ist es wirklich so, dass fast alle queeren Jugendlichen Diskriminierung erleben. Es gibt eine Studie, wonach 94 % Diskriminierung schon erlebt haben und fast alle oder vor allem an Schulen.

00:13:04: Unbekannt Dieses Programm machst du seit 2016. Warum heißt das Homologie? Was willst du damit vermitteln? Also, wenn man den Strich drunter zieht: Im Prinzip geht es darum, gleich und doch anders zu sein. Homologie, das ist die biologische Bedeutung, wenn man es mal so ganz simpel zusammenfassen möchte. Und genau darum geht es mir auch. Es geht mir eigentlich in dem Projekt darum, wie gehen wir respektvoll miteinander um, auch wenn wir merken, an bestimmten Stellen sind wir irgendwie anders.

00:13:29: Unbekannt Wir haben eine andere Sexualität, eine Hautfarbe, vielleicht eine andere Meinung, eine andere Haltung oder was auch immer. Aber wie schaffen wir es trotzdem, respektvoll miteinander umzugehen, Fragen zu stellen und die auch beantwortet zu bekommen und irgendwie im Gespräch zu bleiben? Jetzt ist mein Thema natürlich Homosexualität, deswegen Homologie. Und ich erkläre im ersten Teil erst mal, was Homosexualität eigentlich bedeutet.

00:13:52: Unbekannt Wo kommt es her, wo geht es hin? Ist es ansteckend? Gibt es ein Gen, ein Homogen, was einen jetzt schwul macht? Wie funktioniert ein Coming out? Genau. Das erzähle ich durch Schulfächer, durch Unterrichtsfächer versuche ich das zu erklären. In Englisch geht es um Coming out, in Sport geht es um Umkleidekabinen und in Erdkunde um die Gesetze weltweit und so versuche ich, alle Themenbereiche anzureißen und mich dann nach etwa 50 Minuten den Fragen der Jugendlichen zu stellen.

00:14:20: Unbekannt Und auch die versuche ich so ehrlich und authentisch wie ich kann zu beantworten und nehme auch da kein Blatt vor den Mund. Weil an der Stelle kann ich sagen, das habe ich mir nicht ausgedacht, sondern das sind jetzt wirklich die Fragen Jugendliche. Da darf sich dann keiner beschweren. Ja, und jetzt liest du also wirklich auch unzensiert vor und beantwortest sie völlig ohne Tabus.

00:14:40: Unbekannt Sprechen wir noch mal ein bisschen drüber, was da so an Fragen kommt. Was es da so für Beispiele gibt, und da ist wirklich alles dabei. Ja, und ich finde es unglaublich wertvoll, dass du dich wirklich dahin stellst und dich dem einfach stellst. Und zwar egal, wie blöd sie ist. Aber auch egal wie, wie tiefgründig und sensibel sie ist. Du spielst auf der Bühne als Malte Anders.

00:14:59: Unbekannt Also, du bist in dem Fall eine Kunstfigur, ein Aushilfslehrer. Du gibst aber unglaublich viel Persönliches preis in diesem Programm. Warum diese Kunstfigur? Ich glaube, für mich war gerade am Anfang wichtig, auch als es noch mit meiner Mutter schwierig war, diese Rolle und das, was ich auf der Bühne mache, von mir persönlich zu trennen. Ich wollte auch nicht auf die Bühne gehen und irgendwie ständig über mich reden, über mich persönlich, weil es geht in diesem Programm nicht um mich.

00:15:23: Unbekannt Klar, geb ich ein bisschen was von mir rein und gebe viel von mir preis, auch persönlich. Aber es geht hier nicht um mich. Auch wenn jemand meint, er müsste mich beleidigen in dem Programm, dann nehme ich das nicht persönlich. Weil es geht hier nicht um mich. Ich stehe da vorne für queere Jugendliche, für Homosexuelle junge Menschen oder Transmenschen, die einfach diese Diskriminierung erleben, die auch ich erlebt habe. Und versuche ein bisschen Licht ins Dunkel zu bringen. Und dieser Hass oder diese Abneigung, die ich teilweise erfahre, die ist ja auch da, wenn ich nicht da bin.

00:15:53: Unbekannt Und dem versuche ich ein bisschen entgegenzuwirken und das Ganze auch zu enttabuisieren. Mich wirklich allen Fragen zu stellen und nicht was auszusortieren, zu sagen "Ach, das ist jetzt zu persönlich. Und das ist jetzt zu sehr unter der Gürtellinie." Wenn jemand wissen möchte, wie ich Sex habe, bitte, dann kriegt er dafür eine sachliche Erklärung.

00:16:13: Unbekannt Und dann ist es manchmal, glaube ich, auch für die Jugendlichen erstaunlich zu sehen, wie unprätentiös das ganze Thema dann doch letztendlich ist. Weil oft ist es ja so aufgeladen mit irgendwelchen Vorurteilen und Bildern, dass man denkt: Was machen Schwule wohl so in ihrem Alltag? Also was wandert quasi alles in meinen Körper von hinten rein? Das ist immer die ganz große Frage.

00:16:35: Unbekannt In jedem Schwulenwitz geht es eigentlich ja immer nur darum, wer schiebt sich irgendwas rein? Wo ich mir denke irgendwie, das spielt in meinem Leben gar keine Rolle. Und du machst es unter anderem auch sehr schön deutlich, weil es in dem Biologie-Teil geht es dann zum Beispiel um schwule Delfine und wie die Sex haben. Und das lockert das extrem auf, weil es tatsächlich nasaler Sex ist bei Delfinen.

00:16:57: Unbekannt Und es ist überhaupt sehr schön, wenn man noch mal so vorgeführt bekommt, dass Homosexualität einfach überall in der Natur vorkommt. Das ist einfach etwas total Natürliches, im wahrsten Sinne des Wortes. Und dass Homophobie eigentlich nur bei Menschen vorkommt. Auch das ist ja sehr interessant. Ja, das schaffen tatsächlich nur wir, Tiere gehen da irgendwie toleranter mit um offenbar. Dieses Programm,

00:17:18: Unbekannt das wird seit 2021 vom Ministerium gefördert. Das Ministerium übernimmt die kompletten Kosten. Das heißt, Schulen können es wirklich total niederschwellig buchen und es wird unglaublich gut angenommen. Es sind 2024 mehr als 22.000 Schülerinnen und Schüler mit über 200 Aufführungen von dir beglückt worden. Mehr als 120 Schulen haben schon teilgenommen. Du gehst auch in alle Schulzweige. Heute warst du an einem Gymnasium, aber du gehst auch zu Mittelschulen, Realschulen, Wirtschaftsschulen, Berufsschulen, Förderschulen.

00:17:51: Unbekannt Warum buchen dich die Schulen? Hast du eine Ahnung, wie die auf die Idee kommen, sie brauchen dich jetzt? Gibt es da Problematiken vorher? Sagen die Lehrer: Wir können das nicht leisten. Deswegen hätten wir gerne den Schweitzer, der das übernimmt. Wie läuft das? Sehr, sehr unterschiedlich. Manchmal gibt es tatsächlich klare Fälle, dass sie sagen: Hier ist was passiert, hier ist was vorgefallen.

00:18:07: Unbekannt Und deswegen brauchen wir dringend jemanden, der das Thema mal anspricht und auf den Tisch bringt. Manchmal sind es Diversity AGs oder irgendwelche Formate wie Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage, Schule der Vielfalt, die sagen, wir haben so ein bisschen die Vorgabe, dass wir regelmäßig was zum Thema Vielfalt und Diversity hier machen müssen. Und deswegen suchen wir nach guten Programmen.

00:18:28: Unbekannt Manchmal sind es motivierte Lehrkräfte, die einfach sagen, ich möchte da was tun, weil ich sehe, da ist ein Bedarf da. Sehr, sehr unterschiedlich und dadurch auch immer interessant. Wer geht wie an die Sache ran? Wie gut sind die Jungendlichen vorbereitet? Wer probiert es einfach aus und sieht dann, wo wir landen? Ganz, ganz unterschiedlich. Aber das ist bundesweit tatsächlich so. Ich bin ja bundesweit mit dem Programm unterwegs und das geht durch die Schulformen hinweg.

00:18:51: Unbekannt Und wir haben mittlerweile viele Schulen, die das regelmäßig buchen, wo ich alle zwei Jahre für zwei Jahrgänge spiele und die das, seit dem es das Programm gibt, seit fast zehn Jahren jetzt, die das regelmäßig machen. Kannst du sagen: Ah, heute gehe ich an eine bestimmte Schulform. Ich kann mich ein bisschen darauf vorbereiten, was da passiert. Oder ist das jedes Mal ganz anders?

00:19:09: Unbekannt Überhaupt nicht. Das ist die absolute Pralinenschachtel, die da kommt. Ich kann auch nie beantworten, zu welcher Schule ich lieber gehe. Also wenn ich mich da festlege, schlage ich am nächsten Tag wieder ganz dumpf auf. Und deswegen nehme ich es, wie es kommt und weiß ja, was ich da tue und warum ich da bin.

00:19:27: Unbekannt Und dass ich das tatsächlich nicht nur für den Applaus tue. Anders als vielleicht so manch anderer Kabarettist. An der Stelle weiß ich ja, dass ich vielen an der Stelle helfe, viele unterstütze, vielen einfach auch mal die Fragen beantworte, die da sind. Und das tue ich mit Inbrunst und immer wieder gerne. Gibt es eine bestimmte Stelle, wo immer besonders viel gelacht wird oder wo es meistens ganz still wird?

00:19:49: Unbekannt Oder ist auch das immer anders? Oder gibt es so ein paar Highlights, wo du ganz genau weißt, der funktioniert immer der Witz. Es gibt so todsichere Gags in dem Programm. Und es gibt Gags, die bringe ich und die versteht so gut wie keiner. Da lachen dann nur die Lehrkräfte. Und das ist ja auch schön, wenn man so Sachen drin hat, wo man denkt:

00:20:04: Unbekannt Jetzt hat man den Lehrkräften doch mal wieder Gefallen getan. Und ja, da gibt es andere Dinge, also die Delfine, die eben schon mal kamen, das ist natürlich so eine Nummer, da sitzen viele Jugendliche mit offenem Mund da, weil sie es nicht glauben können. Auch gerne ein Aufreger anschließend, dass ich da schwule Delfine zeige. Na ja, gut, also wenn wir uns jetzt über schwule Delfine empören, dann müssen wir gesellschaftlich uns vielleicht noch gar nicht so sehr Geadanken machen.

00:20:27: Unbekannt Da hab ich mir als Jugendlicher ganz andere Dinge angeguckt. Und ich weiß auch die Jugendlichen heute tun das. Das sagst du ja auch ganz klar und offen. Du hast wirklich eine sehr, sehr offene, klare, unverfälschte, authentische Art, mit den Jugendlichen umzugehen. Und ich glaube, genau deshalb funktioniert das auch so gut, was du machst. Das ist tatsächlich das Konzept des Ganzen, dass man sich dem authentisch stellt, das ich auch nicht versuche, über irgendwelche Dinge zu reden, von denen ich wiederum keine Ahnung habe.

00:20:54: Unbekannt Also schönes Beispiel: Zum Beispiel kam ein Trans-Schüler auf mich zu, der sich bedanken wollte und gesagt hat, ich habe mich so abgeholt gefühlt, obwohl du gar nicht über das Thema Trans geredet hast. Und das ist was, was mir manchmal Leute vorwerfen, dass sie sagen: Ah, du machst ein LGBTI Programm, aber du redest gar nicht über Trans, sondern nur über Homosexualität.

00:21:11: Unbekannt Und da sage ich ganz ehrlich: Ja, weil mein Programm lebt von der Authentizität. Ich rede über Homosexualität. Wie es ist, als schwuler Mann in dieser Gesellschaft. Ein Stück weit meine Geschichten oder die meiner homosexuellen FreundInnen. Aber ich würde jeden unterstützen, der trans ist und sagt: Ey, geiles Format, ich möchte es auch machen, kannst du mir helfen? Find ich super. Aber ich kann es Transmenschen beispielsweise nicht abnehmen, dass sie an der Stelle auch was von sich erzählen, weil es eben von dieser Authentizität lebt.

00:21:39: Unbekannt Ich kann die Fakten benennen über Trans, aber ich kann keine authentischen Geschichten dazu erzählen und das möchte ich auch gar nicht. Die Fragen, die danach kommen, die sind sicherlich auch immer anders. Wobei ich schätze, du hast inzwischen schon alles gehört und vorgelesen. Und es war für mich total spannend, weil es waren so Sachen dabei heute wie: Sind deine Eltern stolz auf dich?

00:22:02: Unbekannt Da hat sich jemand wirklich Gedanken gemacht, in dich hineinversetzt, wie das wohl so war und wie das heute so ist für dich. Dann gibt es aber auch so Fragen wie: Magst du es, Füße zu lecken? Zum Beispiel. Und dann gibt es tatsächlich auch immer wieder wirklich Beleidigungen, die du aber sehr souverän abarbeitest. Gibt es tatsächlich Kommentare oder Fragen, die dir richtig nahe gehen?

00:22:24: Unbekannt Nee, eigentlich nicht. Weil ich nutze die Fragen. Die Fragen sind für mich ein absolutes Medium, um zu zeigen, wie man mit sowas umgeht, wie man mit Homophobie umgeht. Wie man mit Fragen, die vielleicht unter der Gürtellinie sind, umgeht. Weil ich kann danach die Schule verlassen und sagen: Diese Menschen werde ich im Leben vermutlich nicht wiedersehen.

00:22:43: Unbekannt Da sitzen aber unter diesen Jugendlichen junge Menschen, die das jeden Tag hören, die jeden Tag Beleidigungen abbekommen und vielleicht nicht wissen, wie man damit umgehen kann. Oder es sitzen Jugendliche da drunter, die keine Ahnung haben, dass es hier Menschen unter ihnen gibt, die so eine Einstellung haben? Das passiert ja auch oft und das war auch heute Morgen der Fall, wenn ich so krasse Beleidigungen vorlese, dass ein Raunen durch den Saal geht und man hört einzelne Jugendliche zischen so "Welcher Idiot hat so was draufgeschrieben?" oder "Wie könnt ihr nur?"

00:23:13: Unbekannt Oder "Schämt euch!". Und das man merkt, da passiert was unter den Jugendlichen, ohne dass ich diese Frage oder diese Beleidigung überhaupt kommentieren muss. Weil sie das unter sich lösen und man auch sieht, selbst wenn da irgendwie vier, fünf Beleidigungen draufstehen: Es ist nicht die Mehrheit. Und man merkt, die Mehrheit ist da selbst betroffen und reagiert betroffen dazu und hat plötzlich einen Standpunkt und sagt: Das geht nicht, schämt euch!

00:23:41: Unbekannt Und das find ich das Tolle auch für die queeren Jugendlichen, die dann da sitzen, die vielleicht denken: Das höre ich jeden Tag. Dass sie einfach mal merken, da gibt es einen Haufen Leute, die sich mit mir offenbar so solidarisiert haben in der ersten Stunde des Kabarettprogramms, dass sie plötzlich für mich einstehen. Das ist ja auch ein toller Moment für queere Jugendliche, dass sie sehen, sie sind hier nicht allein.

00:24:01: Unbekannt Auch wenn sie sich bisher vielleicht so gefühlt haben. Kriegst du oft hinterher Rückmeldungen eigentlich von queeren Jugendlichen, die sagen "Danke, dass du da warst" oder "es hat was verändert für mich". Absolut. Nicht nur von queeren Jugendlichen, sondern durch die Bank weg. Sowohl von Leuten, die gesagt haben "Ich habe heute mehr gelernt als jemals in meiner Schulzeit vorher". Die sich bedanken, die sagen "Toll!". Auch manchmal aus so einem persönlichen Umfeld heraus, dass jemand sagt "Mein Onkel ist schwul und es war toll, mal Hintergründe dazu zu kriegen, die ich meinen Onkel jetzt nicht fragen würde."

00:24:30: Unbekannt Ja, und sogar, dass manchmal Leute schreiben: "Ich hatte eine andere Sichtweise auf die Dinge und ich habe heute echt mal drüber nachgedacht". Selbst das bringen manchmal Jugendliche in Worte, dass sie sagen "Zugegeben, ich habe heute über mich mal nachgedacht". Und das ist ja auch was Tolles. Da habe ich auch in den letzten zehn Jahren viele tolle Sachen gehört.

00:24:48: Unbekannt Und bis dahin, dass queere Jugendliche manchmal oft nach Jahren schreiben: "Ich wollt mich mal bedanken. Sie waren vor fünf Jahren an meiner Schule und jetzt habe ich mich geoutet. und ich wollte einfach mal sagen, das, was sie da gemacht haben, das hat mich durch die Schulzeit gebracht. Das hat während Corona eine Schülerin geschrieben. Da war ich fast den Tränen nah, weil da konnte ich grad nicht auftreten und ich dachte: Wow, was für ein Impact man doch einfach hat.

00:25:12: Unbekannt Das glaube ich sofort. Als du schon wusstest, dass du schwul bist und dich aber noch nicht geoutet hattest. Gab es Vorbilder? Vielleicht jetzt nicht in deinem direkten Umfeld auf dem Dorf, aber in den Medien, Promis, Stars, die dir geholfen haben. Ja, ich bin ein Kind der 90er Jahre und in den 90ern ging ja alles straight forward.

00:25:34: Unbekannt Das Internet kam rauf, man konnte plötzlich Menschen kennenlernen über Chatrooms. Zum Ersten Mal. Das hat mir sehr geholfen, da auf dem Land. Und natürlich auch im Fernsehen, irgendwelche Stars, die sich geoutet haben. Hape Kerkeling, der geoutet wurde, was ja ein Riesenthema noch war. Aber auch Wahre Liebe - Lilo Wanders - ja, das war so eine

00:25:56: Unbekannt komplett neue Welt, die da aufgetaucht ist. Ich habe vor ein paar Monaten mein neues Abendprogramm "Generation Arschgeweih" rausgebracht, wo ich über die 90er Jahre rede. Weil ich finde, in den Neunzigern war man gefühlt mal so weit. Oder man hatte so den Eindruck, jetzt geht alles, es öffnet sich alles. Wir werden offen, tolerant, wir werden offen, wir werden ganz liberal.

00:26:17: Unbekannt Und das war für mich eine tolle Zeit damals, die natürlich meinem Coming out und meiner Selbstfindung wahnsinnig geholfen haben. Hape Kerkeling war für mich immer ein tolles Vorbild. Auch als Kabarettist, als Comedian, weil er, glaube ich, auch aus seiner Biografie heraus viele Dinge hat, die ich genauso erlebt habe. Obwohl wir, glaube ich, eine andere Generation sind. Aber trotzdem haben wir viele Gemeinsamkeiten

00:26:45: Unbekannt an der Stelle. In Hape Kerkelings Leben und Familiengeschichte spielen Frauen eine ganz große Rolle. Wir haben schon ein bisschen über deine Mutter geredet. Bei Eltern ist es ja oft so, dass wenn ein Kind sich dann outet und sagt "ich bin homosexuell", dass oft so die Planung für das Enkelkind dann zerbröselt. War das bei deiner Mutter auch so, dass sie sich das eigentlich immer gewünscht hatte?

00:27:09: Unbekannt Klar, ich war die große Hoffnung, dass da noch Enkelkinder kommen werden. Dieser Traum war dann mit meinem Coming out erst mal komplett zerplatzt. Und ja, an der Stelle war das für meine Mutter sehr, sehr schwierig. Ich hatte keine Großeltern, die da hätten einspringen können, wie bei Hape Kerkeling. Und musste mir dann für meine Rolle, für mein Bühnenprogramm eine Oma schreiben.

00:27:28: Unbekannt Meine Oma Else spielt in meinen Programmen immer eine große Rolle. Eine Oma, die die ganze Familie zurechtrückt. Weil das kenne ich wirklich von vielen meiner Bekannten, von vielen meiner Freundinnen, die einfach eine tolle Oma oder Opa hatten. Die, wenn die Eltern Schwierigkeiten mit deren Homosexualität hatten, dass die Oma gesagt hat: Jetzt lasst den Jungen doch mal so sein, wie er ist.

00:27:50: Unbekannt Was habe ich euch eigentlich beigebracht? Und das ist natürlich was ganz Tolles, wenn so ein bisschen so eine Außenseiterposition wie die Oma diejenige ist, die die ganze Familie wieder zurechtschiebt. Das finde ich ganz toll, habe ich mir sehr gewünscht. Und habe auch einige meiner Ex-Freunde, die tolle Omas hatten, die da als Vorbild sehr dienen. Für meine Oma Else in meinem Programm, die ich persönlich als Timo leider nie hatte.

00:28:12: Unbekannt Magst du noch kurz erzählen, wie die Oma Else in deinem Programm reagiert mit deinem Coming out? Ja, die Oma Else, die sagt ganz klar "Das habe ich schon immer gewusst. Ich wusste schon, bevor du geboren wurdest, dass du schwul wirst." Und das finde ich einfach eine ganz wunderbare Haltung zu sagen: Mein Gott, dann ist er jetzt halt schwul.

00:28:30: Unbekannt Und wir haben es doch immer geahnt. Hört man ja auch von vielen, dass auch die Eltern manchmal sagen: Ach, insgeheim habe ich es mir immer gedacht. Und ich glaube, sowohl Eltern, wenn sie es sich eingestehen, als auch Großeltern haben da manchmal ein drittes Auge und sehen deutlich mehr, als sie vielleicht manchmal sehen möchten. Und stellen irgendwann fest: Das Leben geht weiter.

00:28:48: Unbekannt Ja, und es können ja auch noch Enkelkinder kommen, wenn auch nicht unbedingt auf dem biologischen Weg, den man so kennt. Es gibt Pflegekinder, es gibt Adoptivkinder, es gibt auch Leihmutterschaft, das ist auf diesem Planeten denkbar. Es gibt Mittel und Wege. Das Leben findet einen Weg. Du machst unter anderem in deinem Programm ein Quiz, wo du Promis an die Wand wirfst und dann die Schülerinnen und Schüler raten lässt: Homosexuell oder nicht?

00:29:14: Unbekannt Und da kommt auch Thomas Hitzlsperger vor, den wir auch hier schon zu Gast hatten. Ganz tolles Gespräch, verlinken wir auch gerne in den Shownotes. Und der hat gesagt, für sein Coming out - und das war ja sehr spät - war ganz wichtig, Vorbilder zu haben. Ganz stark geholfen hat ihm das Videoprojek "It gets better", wo Menschen von ihrem Coming out erzählen und darüber, wie es ihnen jetzt geht.

00:29:38: Unbekannt Und bevor er an die Öffentlichkeit gegangen ist, hat er gesagt: Vorbilder, das soziale Umfeld war ganz wichtig, die Unterstützung und seine eigene Stabilität, seine eigene Resilienz. Jetzt gibt es eine Studie, die How are you?-Studie vom Bayerischen Jugendring, der ja auch mit am Aktionsplan Queer des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales arbeitet. Und in dieser Studie sind über 2000 Jugendliche befragt worden.

00:30:06: Unbekannt Und das Ergebnis ist, dass gerade queere Jugendliche weniger resilient sind, sich weniger wohlfühlen, unter viel mehr Druck leiden, viel mehr Not haben. Minderheitenstress sagt man dazu. Und der Ort, wo das am meisten passiert, ist die Schule. Und dem können sie ja auch nicht ausweichen, sie müssen ja zur Schule gehen. Die Selbstmordrate bei queeren Jugendlichen liegt 4 bis 6 mal so hoch wie bei heterosexuellen Jugendlichen, was ja abgefahren ist.

00:30:31: Unbekannt Was für eine Zahl! Das sagt sich jetzt erst mal so leicht, aber wenn man sich das mal vorstellt, dass einen die Sexualität dazu bringt. Bei der Selbstmordrate, die in Deutschland soweit ich weiß, generell schon sehr, sehr hoch ist. Dass da 4 bis 6 mal mehr Fälle von Jugendlichen sind, die wirklich queer sind. Und das ist so eine Zahl.

00:30:49: Unbekannt Wenn man die jetzt so hört, denkt man - wie bei jeder Statistik - hat man jetzt mal gehört. Aber das ist tatsächlich etwas, was mir in den letzten zehn Jahren so oft auch begegnet ist. Dass ich an Schulen war, wo mir die Schulleitung sagt, hier hat sich vor einigen Monaten ein schwuler Schüler oder eine Trans-Schülerin umgebracht, vom Kran gestürzt.

00:31:07: Unbekannt Üble Dinge, die ich da über die Jahre schon gehört habe. Auch teilweise als Motivation, mich dann zu holen. Ich dachte okay, da muss jetzt erst mal drüber nachdenken. Jetzt komm ich hier mit Comedy, mit Kabarett und hier ist so was Furchtbares passiert, was man sich ja kaum vorstellen kann. Ja, und es ist schockierend, dass wir über so ein Thema überhaupt im Jahr 2025 noch reden müssen. Und vermutlich gerade wieder viel, viel mehr reden müssen.

00:31:30: Unbekannt Ganz verrückt. Über die gesellschaftliche Stimmung im Allgemeinen wollte ich gleich noch mal sprechen. Viele von diesen befragten Jugendlichen in der Studie haben auch gesagt, sie wünschen sich, dass gerade an Schulen, an Unis, auf der Arbeit informiert wird, sensibilisiert wird. Und das ist genau das, was du machst. Also man sieht, wie wichtig das ist, auch gerade für die Betroffenen.

00:31:51: Unbekannt Wir haben jetzt gerade schon darüber gesprochen, welche Bedeutung dieses Programm für queere Jugendliche selbst haben kann. Du selbst hast im Rahmen dieser Arbeit, deines Programms immer wieder auch mit Bedrohungen, mit Beleidigungen, mit Anfeindungen umgehen müssen. Ich glaube, es gab sogar Morddrohungen. Du erzählst davon auch in deinem Programm. Wie gehst du damit um, mit diesem immensen Hass, der dir da manchmal entgegenschlägt?

00:32:18: Unbekannt Das war schon schwierig in den letzten zwei, drei Jahren, wo ich fast fünf Tage die Woche irgendwie in Deutschland unterwegs war, an Schulen. Und dann diesen Hass noch zu händeln. Weil man ist ja oft alleine später, nach so einer Vorstellung, mit sich selbst, mit den Emotionen, den Gefühlen, die man dann noch auf Social Media nachmittags abkriegt.

00:32:37: Unbekannt Von Jugendlichen, von Eltern, von irgendwelchen Vertretern irgendwelcher Glaubens-, Religionsgemeinschaften oder Parteien. Und das muss man erst mal aushalten. Deswegen habe ich mir irgendwann auch eine Supervision genommen, um das zu reflektieren. Um mich zu fragen: Wie gehe ich damit um, was mache ich daraus? Ich bin ja Künstler. Und dann überlegt man sich auch, wie nutze ich diesen Hass, um was Gutes draus zu machen. Und nicht nur jetztzu sagen: Oh, ich werd hier beleidigt, ich kriege Morddrohungen. Auch da: Es geht hier gar nicht um mich. Weil es gibt Leute, die da viel tiefer drinstecken, die in Situationen sind, wo sie nicht mehr rauskommen.

00:33:10: Unbekannt Und da hatte ich eine Supervision. Hinter mir steht ja ein Verein. Ich bin ja keine Einzelperson, die das macht, sondern es ist ein Verein. Von daher habe ich auch da Menschen, mit denen ich das reflektieren kann. Und ich versuche das wieder rein zu spielen in das Programm, das den Jugendlichen mitzugeben und zu sagen: Ey, wenn ihr genauso wie ich diesen Hass abkriegt, diese Morddrohungen kriegt, Bedrohungen kriegt, meldet es, macht was draus.

00:33:33: Unbekannt Nur so kann man Hass bekämpfen, indem man ihn immer wieder meldet. Weil da sitzt jemand, eine Person, eine Organisation, eine Partei, was auch immer, die diesen Hass predigt. Und es muss aufhören. Da muss man die Wurzel bekämpfen. Und das mache ich, indem ich mir Unterstützung suche und es thematisiere. Da hat man ja in so einer Teilöffentlichkeiten, in der ich da jetzt stehe, auch einfach Möglichkeiten, das zu machen.

00:33:56: Unbekannt Und letztendlich ist es dann auch immer wieder interessant, dass man solche Morddrohungen kriegt, dass Leute sich echt zu so was hinreißen lassen, so eine Bedrohung auszusprechen gegenüber jemandem, der eigentlich nur in Schulen geht und den Leuten sagt, wie sie respektvoll miteinander umgehen. Das ist ja so absurd eigentlich. völlig. Und du verarbeitest das sehr schön in dem Programm, in dem du gleich sagst: Du bist damit auch schon zur Polizei gegangen, wenn es zu wild geworden ist.

00:34:23: Unbekannt Und wer also jetzt überlegt, ob er dir Drohungen schickt, der soll damit doch gleich zum Staatsschutz gehen. Dann kann er sich den Umweg über dich sparen. Und das ist auch ein Moment, wo man schmunzeln muss und gleichzeitig aber weiß, was für einen schlimmen, ernsten Hintergrund das hat. Aber es ist zumindest gut zu wissen, man ist nicht alleine.

00:34:41: Unbekannt Und das versuche ich den Jugendlichen auch mitzugeben. Weil gerade über Social Media, gerade über das Internet, glaube ich, viele diese Beleidigungen, diese Bedrohungen, diesen Hass auch einfach kennen. Und ich glaube, das ist noch, wenn du 14, 15 bist, nicht so gesattelt im Leben stehst wie jetzt möglicherweise ich und du dann diesen Hass, diesen Shitstorm, diese Bedrohung kriegst, ist es viel heftiger.

00:35:04: Unbekannt Gerade wenn du vielleicht queer bist und deine Eltern es auch noch nicht wissen. Dann ist ja immer diese Angst, dass es noch jemand rauskriegt. Und ich glaube, es ist wichtig, Jugendlichen nicht nur ein Handy an die Hand zu geben, sondern auch den Hinweis, wie ich damit umgehe. Wie gehe ich mit diesem wahnsinnigen Hass, der da unterwegs ist in unserer Gesellschaft, im Netz, wie gehe ich damit um. Wenn wir bei diesem Hass sind:

00:35:24: Unbekannt 2024 gab es in Bayern 177 queerfeindliche Straftaten, 20 davon waren Körperverletzungen. Man geht aber davon aus, dass die Dunkelziffer riesig ist. Also man sagt, bis zu 90 %, eben weil es nicht angezeigt wird. Die Zahlen wären wahrscheinlich höher, aber es wäre wichtig, dass die Leute es anzeigen. Der Rekordwert war 2023. Trotzdem muss man sagen, es steigt insgesamt. Und 37 % dieser queerfeindlichen Straftaten sind rechts motiviert, politisch rechts motiviert.

00:35:56: Unbekannt Hast du das Gefühl, wir gehen da gesellschaftlich rückwärts gerade, was das angeht? Toleranz und Vielfalt, dass das wieder weniger wird? Also ich glaube, wenn man so in die Öffentlichkeit guckt, ist es ja gerade so das große Thema. Dass alle gegen Woke-Sein sind, dass man gegen die gendergerechte Sprache ist, dass man gegen alles, was irgendwie so ein bisschen nach vorne geht und sich mit Vielfalt und Diversity beschäftigt, dass gerade ein arger Gegenwind herrscht.

00:36:21: Unbekannt Ich glaube, da darf man wiederum den positiven Blick nicht verlieren, dass auch viel passiert ist, dass viel passiert ist an Schulen. Es gibt an vielen Schulen Diversity AGs, dass viel in den letzten Jahren und Jahrzehnten passiert ist. Und trotzdem merke ich diese Gereiztheit, die wir, glaube ich, alle merken, in unserer Gesellschaft. Gerade in den Corona-Jahren und das, was jetzt danach kommt, das ist in den Schulen da, das ist unter Jugendlichen da, wie in der gesamten Gesellschaft.

00:36:47: Unbekannt Deswegen ist es so wichtig, dass wir jetzt wieder ins Gespräch kommen, jetzt, wo wir uns wieder sehen dürfen, wo wir miteinander wieder was machen dürfen. Dass wir einfach wieder reden, dass wir auch so langsam unseren Hasslevel wieder runterfahren und ins Gespräch kommen. Weil Hass bringt nichts. Es hilft dir politisch vielleicht hier und da deine Motive irgendwie unterzubringen und Stimmen zu gewinnen.

00:37:07: Unbekannt Aber mit Hass hast du noch kein Problem gelöst. Und das ist so wichtig, dass wir wieder nachfragen. Und wenn wir merken, ich habe da Hass auf was, habe da Hassgefühle in mir drin, dann muss ich mich trotzdem wieder fragen: Wo kommen die her, warum habe ich die und was hat das mit mir zu tun? Also, wenn ich Schwule hasse, wenn ich Lesben hasse, wenn ich Ausländer hasse, wenn ich Menschen anderer Religion und Hautfarbe hasse.

00:37:29: Unbekannt Wo kommt das her? Und das müssen wir uns mal wieder hinterfragen. Alle ganz nüchtern. Wen hassen wir eigentlich und warum? Du gehst mit deinem Programm nicht nur an Schulen, sondern du hast auch ein eigenes Programm für Erwachsene, nämlich für Unternehmen. Gayversity heißt es, für Betriebe, Organisationen machst du das seit 2023. Du gehst damit dieses Jahr auch in die bayerische Staatsverwaltung.

00:37:51: Unbekannt Auch dieses Programm wird nämlich gefördert durch das Sozialministerium. Welche Unterschiede kannst du ausmachen bei Auftreten von 14 15-jährigen und dann vor Erwachsenen? Geruchstechnisch ist das natürlich ein absoluter Unterschied zwischen Erwachsenen und Jugendlichen. Aber auch ansonsten muss man sagen, ist es natürlich so: In den Schulen bin ich ja jetzt erst mal für viele das Zwangsprogramm. Ich glaube, viele Jugendliche würden es nicht freiwillig unbedingt besuchen, sondern da hast du oft motivierte Lehrkräfte, die mich buchen, die mich an die Schule holen und die Jugendlichen, die merken dann erst im Laufe der Zeit: Ach, so schlimm wie wir dachten, ist es ja gar nicht. Ist ja eigentlich ganz cool, was da vorne passiert.

00:38:31: Unbekannt Bei Erwachsenen erlebe ich da schon eher erstmal eine interessierte, manchmal sicherlich auch kritische Haltung, aber erst mal so was Interessiertes. Man lässt sich mal drauf ein. Und dann ist aber interessant, dass die Fragen doch sehr die der Jugendlichen ähneln und dass da viele doch auch sehr persönliche Dinge wissen wollen. Manchmal für ihre eigenen Kinder, manchmal aber auch für sich selbst persönlich.

00:38:52: Unbekannt Wie gehe ich denn damit um, wenn sich jetzt jemand in meinem Umfeld outet? Was erwartet man denn von mir als heterosexueller Mensch? Also ich finde es toll. Meine Techniker, die ich immer so mit habe, die lieben es, dass wir jetzt auch mal ein Publikum haben, was sich vielleicht wieder ein bisschen mehr freut und das auch sehr schön zum Ausdruck bringen kann.

00:39:10: Unbekannt Dass man nicht immer so in diesem Kampfmodus ist, wo man an manchen Schulen einfach erst mal ist, dass man sich so beweisen muss. Unter Erwachsenen ist der Eindruck manchmal, die lassen einen jetzt erst mal und sind da höflich. Patent lächelnd ertragen sie das und stellen dann patente Fragen. Aber auch da habe ich den Eindruck, es passiert was.

00:39:27: Unbekannt Vom Feedback her, dass viele sagen: Toll, dass wir mal die Möglichkeit hatten, uns mit so einem Thema zu beschäftigen. Weil wir hören natürlich ganz viel. Wir lesen darüber. Man kriegt irgendwie Dinge vorgesetzt wie wir sollen jetzt hier gendern. Oder in Bayern, wir sollen auch gerade bitte nicht gendern. Und dann ist es toll, sich damit einfach mal zu beschäftigen.

00:39:46: Unbekannt Was haben wir denn jetzt vom Gendern? Wem tut es weh und wem bringt's was? Und wer will hier eigentlich was? Und das mal ganz nüchtern zu betrachten. Das ist auch meine Form. Ich komme ja nicht aus einer politischen Partei oder politischen Ecke, sondern mir geht es darum, die Leute zum Nachdenken über sich selbst und die Menschheit zu bewegen. Unabhängig von ihrer Haltung, von ihrer politischen Ausrichtung.

00:40:10: Unbekannt Sind die Fragen bei den Erwachsenen dann auch anonym, werden die aufgeschrieben und du liest sie vor? Das ist sehr unterschiedlich. Die Firmen, die Unternehmen und Teams entscheiden selbst, ob sie das als offenes Gespräch oder ob sie es anonym machen. Und da ist alles dabei. Und aber diese anonyme Form, dass man das ganz anonym auf Zettelchen schreibt, gibt es da auch. Und das hilft ja manchmal auch, dass sich dann wirklich alle mal trauen, die Sachen, die man vielleicht keinem anderen sonst stellen würde in der Öffentlichkeit. Ich kann mir das ganz schwer vorstellen. Gibt es da dann tatsächlich auch so richtig kritische oder schwulenfeindliche Nachfragen oder ist das immer sehr gesittet und

00:40:46: Unbekannt in einem Kontext sozialer Erwünschtheit, dass man sich da zurückhält? Oder haut da auch mal einer einen raus? Also bisher habe ich es nicht erlebt, dass jemand das so ganz flach wie an mancher Schule bringt. Ich glaube, da hat man dann als Erwachsener vermutlich auch irgendwann mal gelernt, wie verhalte ich mich, vor allem, wenn der Chef mit dabei ist.

00:41:06: Unbekannt Er ist mir bisher noch nicht passiert, dass mich da einer jetzt wüst beleidigt hat. Aber es kommen natürlich schon irgendwie eigenartige Nachfragen, die man durchaus homophob deuten kann oder denkt "was ist denn jetzt das Problem?". So Sachen wie "Was muss ich eigentlich alles akzeptieren?" oder "Was wollt ihr denn eigentlich noch? Warum müssen wir hier über so ein Thema reden?

00:41:26: Unbekannt Wir sollen hier arbeiten und nicht über deine Homosexualität reden?". Und die Fragen darf man ja auch erst mal stellen und die werden von mir genauso sachlich, ohne dass ich das irgendwie bewerte, beantwortet. Aber ist natürlich interessant, dass solche Fragen hochkommen und ich beantworte sie aber auch gerne, weil dafür bin ich ja da. Die Zahlen, was Diskriminierungsstraftaten angeht und was Gewalt gegen LGBTIQ+ Menschen angeht, die erklären, warum wir darüber reden müssen und warum es immer noch wichtig ist.

00:41:56: Unbekannt Und das können sich viele halt gar nicht vorstellen. Gerade in den Unternehmen und Teams. Ich erzähle natürlich auch aus dem Schulprogramm. Und manche sind dann wirklich wie vom Donner gerührt. Wenn man so jetzt seine Freunde/Freundinnen hat und man hat vielleicht zwei, drei Schwule im Bekanntenkreis und kriegt das alles nur so punktuell mit. Und denkt "Mein Gott, 2025, was wollt ihr denn noch?".

00:42:17: Unbekannt Also wirklich auch positiv und nett gesehen. Dass man gar keine Ahnung hat, dass es so was wie Homophobie noch gibt. Als ich das Schulprogramm rausgebracht habe, haben viele Schulen gesagt: "Brauchen wir nicht. Wir haben hier keine Homophobie.". Dass das Leute wirklich denken können. Aber klar, wenn ich die Augen zumachen, dann gibt es auch keinen Rassismus und überhaupt keine Menschenfeindlichkeit.

00:42:38: Unbekannt Dann sind wir alle ganz glücklich. Vor allem, wenn man nicht selbst betroffen ist, erlebt man es eben sehr oft auch gar nicht. Genau. Wir können es einfach ganz schlecht beurteilen, wenn wir nicht selber in der Haut desjenigen oder derjenigen stecken, die eben zu der Minderheit gehört. Und das ist ja auch das Schöne, das man durch so eine Show in einer humorvollen Art und Weise mal die Möglichkeit hat, in so ein Leben mit kurz reinzugehen, ja mal lachen kann. Auch sieht, wie ich selbst über mich und meine Homosexualität, mein Leben lachen kann und das volley nehme.

00:43:08: Unbekannt Und das ist ja auch schön für andere, die dann vielleicht denken, es ist immer so problembehaftet. Ist es ja gar nicht. Also ich erlebe jetzt nicht jede Stunde meines Lebens Diskriminierung oder fühle mich ausgegrenzt, sondern ich fühle mich schon sehr von der Gesellschaft angenommen, weiß aber dennoch, dass es so was wie Homophobie durchaus noch zu Genüge gibt. Du hast ein sehr schönes Motto in deinem Programm.

00:43:30: Unbekannt Und zwar ist es das Motto eines Native American Tribes, das du zitierst. Magst du uns das vielleicht so als Schlusswort noch mitgeben? Ja. Nur durch Respekt werden wir eine starke Gemeinschaft. Und ich finde das einfach einen Knallersatz, weil er so simpel und billig klingt und wir doch wissen: Für viele Leute ist alleine das so schwierig. Und Respekt heißt eben auch, dass man sich zwischendurch mal zuhört, selbst wenn man eine andere Haltung oder Meinung zu dem Thema hat. Die man auch vielleicht haben darf.

00:43:58: Unbekannt Und trotzdem muss man ja nicht an seiner Meinung, an seiner Haltung kleben bleiben. Vor allem, wenn der Meinung die Ahnung fehlt. Vielen, vielen Dank für dieses sehr, sehr schöne Gespräch. Timo Schweitzer. Ich kann jedem nur dein Programm ans Herz legen und bedanke mich für´s Hiersein und für´s Zuhören. Dankeschön.

00:44:35: Unbekannt Bayern. Gemeinsam. Stark. Der Podcast mit Menschen, die uns inspirieren. Eine Produktion des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales.

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